Digitalisierung des Kinderzimmers: Smarte Spielzeuge
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Das Milliardenbusiness der vernetzten Geräte Internet of Things (IoT) ist längst auch im Kinderzimmer präsent. Im diesjährigen Weihnachtsgeschäft spielen die so genannten Smart Toys eine große Rolle im Handel: So hat Toys R Us den Roboter Anki Cozmo ganz vorne auf seine Geschenke-Empfehlungsliste gesetzt.
Auch Marco Dohlus, Einkaufsleiter Spielwaren bei myToys bestätigt diesen Trend: „Wie in jedem anderen Segment der Spielwarenbranche steigt auch die Nachfrage der Smart Toys im Weihnachtsgeschäft deutlich an. Spannend sind vor allem Produkte, die Spielspaß mit Lernen verbinden. Das ist z.B. beim Thema MINT der Fall, das zunehmend an Bedeutung gewinnt.“
Längst sind die digitalen Spielwaren ein Milliardengeschäft. Allein 2015 erwirtschafteten sie einen geschätzten Gesamtumsatz von rund 2,8 Milliarden US Dollar. Umsatzzahlen für den deutschen Markt gibt es nicht, so Joachim Stempfle, Toys Practice Director des Marktforschungsinstituts npdgroup EUROTOYS: „Der Umsatz von Smart Toys wird bei Eurotoys Branchenstatistik nicht erhoben. Diese Spielwaren fallen in die jeweiligen Oberkategorien wie Lernen, Puppen oder Autorennbahn.“ Steffen Kahnt, stellvertretender Geschäftsführer des BVS (Bundesverband des Spielwaren-Einzelhandels e.V.): „Man kann aber klar sagen: Die Zahl der SmartToys nahm zuletzt zu und wird auch in Zukunft noch zunehmen.“
SmartBee, eine Initiative der luxemburgischen Regierung, hat sich intensiv mit Smart Toys beschäftigt. Sie definiert diesen Bereich als „neue, zwischen Spielzeug und Kommunikationstool angesiedelte Hybridpuppen oder -geräte. Sie sind über eine Schnittstelle direkt oder indirekt mit dem Internet verbunden, und weit mehr als reines elektronisches Spielzeug.“So gibt es Spielzeuge, die sich via Smartphone steuern lassen wie Drohnen, Roboter oder interaktive Bälle. Hier können Kinder mit diesen Smart Toys auch gegeneinander antreten. Auf dem Markt sind zudem intelligente Spielzeuge, die Haustieren oder anderen Charakteren nachempfunden sind. Roboterhund Chip erkennt über ein digitales Armband seinen Besitzer, spielt mit ihm und entwickelt mit der Zeit seinen eigenen Charakter. Ebenfalls in den Bereich smartes Spielzeug fallen virtuelle Freunde in Puppen- oder Kuscheltierformat, die mit dem Kind kommunizieren. Mattels Hello Barbie kann sich mit ihrer Besitzerin unterhalten, indem sie sich über WLAN mit einem von einem Dritten verwalteten Onlinedienst vernetzt. Ein weiteres Segment bilden spezielle Tablets, Telefone oder Uhren für Kinder, die mit dem Internet verbunden werden können. Mit dem Lern-Tablet Storio Max 2.0 von VTech ist es unter anderem möglich, zu chatten, Fotos als Bildnachrichten zu verschicken, Hörbücher zu hören, zu spielen oder auf von den Eltern freigegebenen Websites zu surfen.
Experten streiten sich über das Für und Wider der digitalen Spielzeuge. Fakt ist: Kinder wachsen in einer smarten Umgebung auf. In diesem Jahr nutzten erstmals 85 Prozent aller Deutschen ein Smartphone – ein Anstieg von acht Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das weckt Neugierde und auch Begehrlichkeiten beim Nachwuchs. Marco Dohlus von myToys: „Mit den heute teilweise rasanten technologischen Fortschritten, wächst auch das Segment Smart Toys/ Digitale Spielwaren. Für viele Kinder ist der Zugriff auf ein Smartphone mittlerweile eine Selbstverständlichkeit, sei es, weil sie das der Eltern nutzen oder, weil sie ein eigenes Gerät haben. Deshalb sind Spielzeuge, die über das Smartphone bedient und gesteuert werden können, zunehmend beliebt bei den Kids.“
Die amerikanische Spielwarenexpertin Reyne Rice sieht in den Smart Toys Chancen für die kindliche Entwicklung: „Das Beste an diesen technischen Neuerungen ist, dass sie die Kinder anregen, ihr Spielerlebnis selbst aktiv zu gestalten anstatt nur passiv zu konsumieren. Dadurch werden sie in den Entstehungsprozess eingebunden und können ihr Spielzeug nach eigenen Wünschen gestalten. In der Folge ist bereits eine neue Generation von Kindern entstanden, die eher bereit ist Risiken einzugehen und mehr Selbstvertrauen hat: die „Do-It-Yourself“-Kids.“ Forscher der Northern Arizona University haben dagegen in einer Untersuchung ermittelt, dass bei technologischem Spielzeug im Vergleich zu traditionellen Spielwaren der kindliche Wortschatz leide.
Wichtiges Argument für die Käufer von Smart Toys dürfte vor allem der Datenschutz sein. „Intelligente Spielzeuge bergen vor allem zwei Risiken: Das sind zum einen Hacker, die auf ungesicherte Geräte zugreifen und so mit Kindern kommunizieren oder Daten entwenden können. Und zum anderen Hersteller und Anbieter, die gewonnene Daten für Zwecke verwenden, für die sie nicht vorgesehen sind“, sagt Günter Martin, Experte für das Internet der Dinge bei TÜV Rheinland. Erst in der letzten Woche hat die Bundesnetzagentur den Verkauf von Kinderuhren mit Abhörfunktion verboten. Die Stiftung Warentest warnt vor Sicherheitslücken in digitalem Kinderspielzeug. „Einige von diesen Spielzeugen sind brandgefährlich, weil sie eine ungesicherte Funkverbindung haben. Das heißt, dass jeder Smartphone-Besitzer sich mit ihnen verbinden kann, um das Kind abzuhören, es auszufragen oder zu bedrohen“, so test-Redakteur Martin Gobbin. Die Internet-Initiative BeeSecure hat auf ihrer Homepage ein Merkblatt zum sicheren Umgang mit Smart Toys zusammengestellt, das auch dem Handel Argumentationshilfen für Verkaufsgespräche liefert.
Wie stark die neuen Spielwaren sich durchsetzen werden, hängt für Joachim Stempfle von der npdgroup EUROTOYS vor allem mit dem spielerischen Mehrwert zusammen. „Gefühlt kann ich sagen, dass der Trend nicht so stark ist wie vermutet. Denn oft ist der Spielwert bei diesen neuen Produkten nicht groß genug. Genau der muss aber im Vordergrund stehen und nicht die Technik. Sonst wird es für Kinder schnell langweilig. Ein gutes Beispiel für ein erfolgreiches Produkt ist für mich Anki Overdrive: Hier wurde das Erfolgsprodukt Autorennbahn mit der Steuerung über das Smartphone kombiniert. Das bietet einen echten Mehrwert.“
Bilder: WowWee Group Limited, VTech, Sphero
//KH
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